Telemann, G. Ph. (1681-1767)

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Kleine Cammer-MUSIC
bestehend aus 6 Partien
Verkaufspreis27,00 €
Grundpreis25,23 €
Steuerbetrag1,77 €


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EVB 4126                                   Spielpartitur

Telemann, G. Ph. (1681-1767)
Kleine Cammer-MUSIC bestehend aus 6 Partien
für Oboe und Fagott - Original-Fassung

Einige Gedanken als Vorwort

zu dieser Neuausgabe der „Kleinen Cammer-Muſic“, genau 305 Jahre nachdem Telemann sie hat zum ersten Mal verlegen lassen.
Zunächst nochmals das Telemannsche Vorwort, hier in etwas modernisierten und heute leichter verständlichen Worten:

Meine Herren,

ich bin mir sicher, dass Sie diese „Kleine Cammer-Muſic“, die ich Ihnen hiermit widmen möchte, mit Ihrer allseits bekannten und geschätzten Güte und Höflichkeit freundlich aufnehmen und lesen werden. Ob mein Werk Ihnen gefallen wird, bleibt abzuwarten.
Denn es ist mir sehr wichtig, Ihnen, die Sie überall Ihres Könnens und Ihrer Tugend wegen bewundert werden, ein ebenbürtiges und würdiges Werk zu widmen.
Ich bin zuversichtlich, dass dieses Werk Ihnen gefallen wird, da ich mir beim Verfassen dieser „Cammer-Muſic“, Ihren Geschmack als Richtschnur genommen habe, den Sie beim Oboespielen unter Beweis stellen und der mich schon häufiger auf eine unaussprechliche Art gerührt hat.
Ich habe mich ebenfalls darum bemüht, den Ambitus der Oboenstimme so klein wie möglich zu halten, auf große Intervalle zu verzichten und auch belegte und unbequeme Töne zu vermeiden.
Auf der anderen Seite habe ich die strahlenden und starken Töne, die von Natur aus an den unterschiedlichsten Orten dieses delikaten Instrumentes vorkommen, so oft wie möglich anzubringen versucht. Die Arien habe ich sehr kurz gehalten, teils um die Kräfte des Spielers zu schonen, teils um die Ohren der Zuhörer nicht durch eine übergroße Länge zu ermüden.
Ich muss gestehen, dass ich die Harmonien sehr schlicht gehalten habe. Man wird wenig bis nichts Chromatisches finden, und ich habe mich ganz gewöhnlicher Akkordfolgen bedient.
Das habe ich aber ganz bewusst gemacht, damit diese „Cammer-Muſic“ denen, und das sind die meisten, gefällt, die in der musikalischen Wissenschaft noch nicht sehr weit gekommen sind.
Ich habe ebenfalls darauf geachtet, dass für jeden Geschmack etwas dabei ist; falls dies nicht zutrifft, so habe ich zumindest auch hierbei alles versucht was ich kann, zu tun.
Ich bin mir sicher, dass dieses Werk, so unvollkommen es auch sein mag, erst durch Ihren Vortrag zum Leben erweckt wird. Nur dann wird es den Musikliebhabern Vergnügen bereiten und werden meine Wünsche erfüllt.
Zum Schluss bitte ich nochmals darum, dass Sie diese Blätter freundlich annehmen und sie als Ausdruck meiner Ehre und meiner Liebe Ihnen gegenüber ansehen. Ich hoffe zudem, dass Sie mich auch zukünftig wie bisher mit Ihrer hochgeschätzten Gewogenheit beehren werden.

Meine Herren,

ich verbleibe als Ihr treuer und sehr gehorsamer Diener,
Frankfurt am Main, den 24. September 1716,

Georg Philipp Telemann

Für mich als Oboisten ist es immer wieder berührend, dass Telemann sein Werk nicht etwa reichen Adligen oder geistlichen Würdenträgern widmet (die ihm finanziell hierfür sicherlich sehr entgegengekommen wären), sondern gleich vier Oboisten!

Die „kleine Cammer-Muſic“ ist heute die allererste bekannte und gedruckte Sammlung von Werken mit Oboe als Soloinstrument.
Die Widmungsträger François le Riche (1662 - 1733) und Francisco Richter waren in Deutschland ihrerzeit die besten und bekanntesten Oboisten, sie spielten im Orchester des Dresdner Hofes und waren 1716 auf dem Zenit ihres Könnens.
Wir können uns heute immer noch ein Bild hiervon machen, da es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit le Riche und Richter waren, die die Triosonaten ihres Kollegen Jan Dismas Zelenka uraufgeführt haben...

Das Dresdner Orchester wurde damals, wenn es um Kirchenmusik, Oper und Kammermusik ging, auch Große Capell- und Cammermusique genannt, im Gegensatz hierzu, wenn das reduzierte Orchester Friedrich August auf seinen Reisen nach Polen begleitete, auch:
Kleine Cammermusique oder Capella Polacca.
Das war Telemann sicher bewusst und bekannt und so ist seine „Kleine Cammer-Muſic“
sicherlich auch alleine durch den Titel als eine Würdigung und Wertschätzung der Dresdner Musiker zu verstehen.

Alle vier Oboisten waren Telemann persönlich bekannt und es ist deshalb viel mehr als eine barocke Floskel, wenn er im Vorwort von „Herren und Freunden“ und von „Ehrerbietigkeit und Liebe“ spricht.
Er hat sie alle vier als Menschen und als Oboisten sehr geschätzt. Es würde zu weit führen, alle heute bekannten Verbindungen dieser 5 Männer untereinander hier aufzulisten, als Schlagworte mögen diese zwei Begebenheiten reichen:

Telemann hat le Riche am Hof in Berlin gehört, als dieser mit Königin Sophie Charlotte, einer ausgezeichneten Cembalistin, aufgetreten ist.
Allein die Tatsache, dass die Königin le Riche auswählt, um mit ihr aufzutreten, mag schon den Status darstellen, den dieser Oboist damals hatte.

Telemann lud zur Aufführung von Festkantaten 1716 gleich 3 der 4 Widmungsträger nach Frankfurt ein: Böhm, Gölsch und le Riche. Wenn man sich vor Augen führt, welch' abenteuerlich hohe Gehälter diese vier Oboisten im Vergleich zu anderen Musikern dieser Zeit von ihren Dienstherren bezogen (le Riche verdiente mehr als das sechsfache seiner Musikerkollegen und immer noch mehr als doppelt so viel wie Kapellmeister Heinichen!), kann man nur daraus schließen, dass sie zum großen Teil der Freundschaft und Wertschätzung Telemanns wegen den Weg nach Frankfurt gefunden haben.

Die vorliegende Neuausgabe folgt Telemanns Ausgabe sehr genau. Telemann hat seine „Kleine Cammer-Muſic“ selbst verlegen lassen, und es ist deshalb nicht verwunderlich, dass dort kaum Druckfehler zu finden sind, Telemann wird den Druck genau geprüft haben.
Insbesondere die Balkensetzung scheint ihm sehr wichtig gewesen sein, sie erscheint mir als ganz bewusst gesetzt und dient immer auch als Hinweis auf eine Artikulation: Durchgehend „verbalkte“ Achtel sollen zusammengefasst werden.

Bekannt ist Telemann ja, damals wie heute, für seine Vorliebe für den „vermischten Geschmack“, dafür, dass er sehr gerne französische und italienische Geschmäcke gemischt hat und auch gerne eine Prise norddeutscher Kontrapunk-Kunst in seine Werke eingeflochten hat.
In seinem Vorwort sieht man ebenfalls sehr gut, dass er, sobald er ein Wort aus der italienischen oder französischen oder lateinischen Sprache verwendet, sogar die Schriftart wechselt! Er geht
sogar so weit, innerhalb eines Wortes die Schriftart zu wechseln, sobald das ursprüngliche Wort
„eingedeutscht“ wird: indem Ihnen gegenwärtige kleine Cammer-Muſic dedicire.

Das ist deshalb so wichtig festzustellen, da Telemann in seiner Ausgabe von „VI Partien“ spricht und jeden neuen Abschnitt als „Partia“ betitelt, bisherige Neuausgaben daraus kurzerhand „Partiten“ und „Partita“ gemacht haben.

Meiner Überzeugung nach schreibt Telemann „Partia“ ganz bewusst und meint damit das, was wir heute als „Teil“ bezeichnen würden.
Die „Kleine Cammer-Muſic“ besteht folglich aus 6 „Teilen“ und jeder Teil beleuchtet musikalisch die Möglichkeiten, die eine Oboe in der jeweiligen Tonart hat.

Damit die „kleine Cammer-Muſic“ eine weitere Verbreitung findet, als sie es bislang hat, haben wir uns entschlossen, drei zweistimmige Fassungen herauszugeben.
Die Fassung mit Oboe und Fagott bringt genau Telemanns Urtext, bei der Fassung für Oboe und Englischhorn spielt das Englischhorn fast durchgängig den Bass eine Oktave höher als die originale Bassstimme. Auch diese Fassung ist durchaus für den Konzertsaal gedacht, besonders gut kommt hierbei die Zweistimmigkeit mancher Sätze zur Geltung.

Die Fassung für zwei Oboen ist eher für den Unterricht gedacht. Sie bietet aber vor allem die Möglichkeit, dass die Spieler bei einer Wiederholung die Stimmen tauschen: So wird dem Oboenspieler die Bassstimme vertrauter und er verinnerlicht sie besser.

Die Fassungen für Oboe und Englischhorn sowie diejenige für zwei Oboen sind selbstredend für moderne Instrumente gedacht, wobei einige Sätze, insbesondere die Kontrapunktischen, in einer Fassung mit Barockoboe und Oboe da Caccia ebenfalls eine gute Wirkung erreichen können und der Vorteil, in der Version für zwei Oboen bei der Wiederholung die Stimmen tauschen zu können, insbesondere Anfängern auf der Barockoboe eine große Hilfe sein kann um eine bessere Intonation zu erreichen.

Aachen, am 24. September 2021,
Stéphane Egeling

 

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